Institute for Forming Technology and Forming Machines Research Aktuelle Projekte
Verbesserte FE-Simulation des Scherschneidprozesses durch eine temperatur- und dehnratenabhängige Erweiterung des MMC-Modells

Verbesserte FE-Simulation des Scherschneidprozesses durch eine temperatur- und dehnratenabhängige Erweiterung des MMC-Modells

E-Mail:  fem@ifum.uni-hannover.de
Year:  2021
Funding:  Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Fördernummer 199808648

Das Scherschneiden ist ein bewährtes Verfahren zum spanlosen Trennen und wird zur kostengünstigen Produktion von Bauteilen verwendet. Die beim Scherschneiden erreichte Schnittflächenqualität ist von Werkstoff-, Werkzeug- und Prozessparametern abhängig. Um das gewünschte Schneidergebnis zu erzielen, erfolgt die Prozessauslegung meistens erfahrungsbasiert oder im Rahmen von zeit- und kostenintensiven experimentellen Versuchsreihen. Daher besitzt die numerische Abbildung des Scherschneidprozesses ein hohes Potenzial zur Einsparung dieser Praxisversuche. Bislang werden Finite Elemente (FE) Simulationssysteme mit vereinfachten Berechnungsalgorithmen zur Beschreibung des Werkstoffversagens und des Rissfortschritts angewendet, welche nur eingeschränkte Vorhersagen bezüglich der Schnittflächengeometrie ermöglichen. Das Gesamtziel des Forschungsprojektes besteht daher in der Weiterentwicklung des modifizierten Mohr-Coulomb (MMC) Versagensmodells zur Verbesserung der realitätsgetreuen Berechnung des Werkstoffversagens, um somit die Schnittflächenqualität zuverlässiger vorherzusagen.

In der ersten Projektphase wurde eine Materialcharakterisierung für verschiedene Stahlwerkstoffe (DC04, DP600, DP1000 und 1.4301) im Temperaturbereich von 20 °C bis 300 °C und bei Dehnraten von 0,01 s-1 bis 80 s-1 durchgeführt. Eine numerische Analyse des Scherschneidprozesses zeigte jedoch, dass Dehnraten von bis zu 750 s-1 und Temperaturen bis 519 °C auftreten, die eine wesentliche Einflussgröße für die realitätsnahe numerische Prozessabbildung hinsichtlich der Schädigungsmodellierung sowie des Fließverhaltens darstellen. Mittels einer numerischen Identifikation wurde eine Skalierung der Dehnratenabhängigkeit der Fließkurven vorgenommen. Allerdings ist eine grundlegende physikalische Zuordnung der Einflussgrößen Temperatur und Dehnrate auf diese Weise nicht möglich. Daher werden in der Fortsetzungsphase das Fließ- und Schädigungsverhalten auch bei höheren Temperaturen und Dehnraten experimentell ermittelt.

Des Weiteren wurde für die Parametrisierung des Schädigungsmodells bisher nur ein Spannungsdreiachsigkeitsbereich von  berücksichtigt. In der zweiten Projektphase soll mit der vom IFUM entwickelten Versuchsmethodik mithilfe einer Schmetterlingsprobe eine Erweiterung des negativen Spannungsdreiachsigkeitsbereiches () sowie eine Erhöhung der Anzahl der Stützpunkte für die Versagenscharakterisierung im Bereich ( erreicht werden. Darüber hinaus soll das Scherschneidmodell dreidimensional aufgebaut und zur Modellierung ein modifiziertes MMC-Versagensmodell  unter Berücksichtigung des Lode-Winkels  in einer dehnraten- und temperaturabhängigen Form implementiert werden. Zur Validierung der entwickelten Modelle werden an einer eigens für das Projekt modifizierten Umformpresse quasistatische Schneidversuche durchgeführt. Hierbei werden eine Vielzahl unterschiedlicher Werkstoffe, Schneidspalte und Blechdicken verwendet, um ein breites Spektrum verschiedener Einsatzbedingungen abzubilden. Abschließend werden die Schnittkanten laser-optisch vermessen und mittels metallographischer Schliffbilder untersucht. Die Daten dienen der finalen Validierung der numerischen Simulationsergebnisse.