Thermomechanisches Materialverhalten

 

Im Bereich der thermomechanischen und mechanischen Werkstoffcharakterisierung werden die Fließeigenschaften metallischer Werkstoffe bei unterschiedlichen Temperaturen, Verformungsgraden und Dehnungsgeschwindigkeiten charakterisiert. Diese werden mittels Druck- oder Zugversuche ermittelt. Am Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) stehen verschiedene Prüfmaschinen wie die GLEEBLE 3800-GTC zur Verfügung, mit denen temperatur- und dehnratenabhängige Kennwerte von metallischen Werkstoffen ermittelt werden können. Anhand der experimentellen Daten werden Fließkurven berechnet und zur Parametrisierung verschiedener Werkstoffmodelle verwendet. Damit sind realistische Berechnungen des Werkstück- und Werkzeugverhaltens in Umformprozessen möglich.

Zusätzlich kann der hydraulische Tiefungsversuch (Bulge-Test) mit einem optischen Messsystem (GOM Aramis) eingesetzt werden. Die Versuche werden nach EN ISO 16808 durchgeführt und dienen der Ermittlung von biaxialen Spannungs-Dehnungs-Kurven und Fließkurven bei hoher plastischer Verformung. Mit diesem Charakterisierungsverfahren kann eine Verlängerung der im Zugversuch aufgezeichneten Fließkurve bis zur Gleichdehnung durch Umrechnung in den einachsigen Spannungszustand realisiert werden. Dieses bewährte Verfahren ermöglicht eine genauere Extrapolation der Fließkurven. Die Verbesserung der Werkstoffkennwerte ermöglicht eine verbesserte Simulation und Auslegung von Blechumformprozessen.

Veröffentlichung

Die Fahrzeugindustrie strebt eine Gewichtsreduzierung an, um den Kraftstoffverbrauch zu senken. Dies führt zur Entwicklung neuer Stahlsorten, die mit Leichtmetallen wie Aluminium angereichert sind. Neben der Verringerung der Dichte bedeutet dies, dass die Eigenschaften herkömmlicher Stähle zumindest ersetzt oder im Idealfall sogar übertroffen werden müssen. Im Rahmen eines Projektes wurde beispielsweise ein neuartiges Material, UHC-Leichtstahl (Ultra High Carbon), auf sein Umformverhalten untersucht. Neben den Extrusionstests wurde eine umfassende Materialcharakterisierung durchgeführt. Das temperatur-, dehnungs- und dehnungsratenabhängige Fließverhalten wurde bestimmt. Darüber hinaus wurden Ringkompressionstests durchgeführt, um die temperatur- und werkzeugwerkstückabhängigen Reibungsfaktoren zu identifizieren. Die Ergebnisse dienten als Grundlage für ein Materialmodell zur Durchführung numerischer Simulationen, um das Werkzeug für die Extrusion von Kolbenbolzen zu entwickeln. Diese Arbeit bietet eine Grundlage für die Umformung von harten und festen Stählen, die schwer zu verarbeiten sind und auf Metalle mit ähnlichen Eigenschaften angewendet werden können.

„Fabrication of piston pins made of a novel aluminium-alloyed UHC steel”

Bernd-Arno Behrens, Alexander Chugreev, Mohammad Kazhai, D. Yarcu, Chistoph Büdenbender, Roman Relge (2019); International Journal of Advanced Manufacturing Technology, Volume: 102, Issue: 9-12, Seiten: 3781-3789